Die Geschichte
Die Geschichte der OrgelDas Wort "Orgel" (vom griechischen "organon"/lateinisch "organum") bezeichnete ursprünglich ein Hilfsmittel zur Arbeit oder ein Handwerkszeug. Es konnte sich auch allgemein um ein Musikinstrument handeln, doch bezog sich der Ausdruck in keinerlei Hinsicht auf das spezielle Instrument, von dem wir ausgehen.
Die Orgel ist ein sehr komplexes und vielseitiges Instrument, welches eine lebendige und weit zurückreichende Vergangenheit aufweist.
Im 1. Jahrhundert v.Chr. beschrieb Marcus Pollio Vitruvius eine um 250 v.Chr. erfundene Wasserorgel. Wasserorgel wurde sie genannt, weil das Wasser dazu diente, den zu den Pfeifen geführten Luftdruck, der gebraucht wurde um die Pfeifen zum Klingen zu bringen, stabil zu halten. Der Tonumfang war mit einer Oktave nur sehr gering, trotz allem war dies Instrument lange Zeit der Standard. Weitere Namen dieses Instrumentes waren: hydraulis, organon hydraulikon oder organa hydraulica (zu deutsch: Musikinstrument, das mit Wasser funktioniert). In späteren Zeiten wurde es dann einfach Organum oder Organa genannt. Erfinder der Wasserorgel war der Mechaniker Ktesibios, der in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v.Chr. lebte.
Besonders erwähnenswert im geschichtlichen Verlauf ist die Orgel, welche von Kaiser Konstantin V. um 755 n.Chr. an Pippin den Kurzen gesandt worden ist. Diese hatte bereits einen wasserunabhängigen Blasebalg.
Die erste kirchlich genutzte Orgel geht auf Karl den Großen zurück, welcher im Jahre 812 eine ihm vom byzantinischen Kaiser Michael I. geschenkte Orgel dem Dom zu Aachen zur Verfügung stellte. Jedoch wollte sich die Verbreitung der Orgel trotz allem nicht so leicht durchsetzen. Obwohl Papst Johannes VIII. im Jahre 873 eine Orgel samt Organist aus Deutschland nach Rom kommen ließ, behielten die Gegner der Kirchenmusik noch lange die Oberhand. Einzige „musikalische Stütze“ war das mittelalterliche Portativ, eine kleine mit Riemen um den Hals gehängte Orgel. Diese wurde hauptsächlich bei Prozessionen zur Unterstützung des Gesangs eingesetzt. Jedoch war die Handhabung nicht sehr angenehm. Die linke Hand des Musikers bediente den Blasebalg, die rechte Hand spielte auf der Klaviatur. Der Tonumfang war inzwischen auf 3-4 Oktaven angestiegen.
Neben dem Portativ befand sich noch das Regal in Gebrauch. Ebenfalls transportfähig und versehen mit Zungenregistern. Später entwickelte sich aus der Kombination das Orgelpositiv, welches ebenso wie heute vorwiegend Labialpfeifen besaß, jedoch kein Pedal.
Mit zunehmender Akzeptanz wurde die Orgel schließlich in der Kirche heimisch. Damit waren alle Wege bereitet, dass sie sich weiter entwickeln und immer komplexer werden konnte. Besonders maßgebend war das 14. Jahrhundert, in welchem sich die Orgel maßgeblich weiterentwickelte. Vor allem in Venedig war der Orgelbau damals weit fortgeschritten. Schließlich wurde der Orgel auch das Pedal hinzugefügt. Zuerst erweiterte das Pedal die Manualstimmen nach unten, später bekam es eigene Register.
In der folgenden Zeit entwickelte sich der Orgelbau vor allem in Deutschland, es wurden viele Fortschritte gemacht, unter anderem das Hinzufügen weiterer Manuale, jedes für ein eigenes, getrenntes Werk als Teil des Ganzen, so zum Beispiel das Rückpositiv.
Als besonders herausragende und bedeutende Orgelbauer des 17. Jahrhunderts sind Gottfried Silbermann und Arp Schnitger zu nennen. Diese revolutionierten den Orgelbau. Ihre heute noch teilweise erhaltenen Orgeln sind hochgelobte und professionelle Meisterstücke.
In der folgenden Zeit entwickelte sich die Orgel in einigen Bereichen vom Barock weg. Es entstand unter Abbé Vogler mit seinem Simplifikationsprinzip ein Weg, welcher die Manuale in reine klangliche Farbelemente aufteilt und die ganze Orgel zur Erhöhung der Ausdrucksmöglichkeiten in einen Schwellkasten stellte. Bis ins 19. Jahrhundert breiteten sich manchen Tendenzen aus, z.B. Mensurveränderung, die die polyphone Klarheit aufgab und die Melodiebetonung des Diskants förderte, Auflösung des Werkcharakters der Manuale hin zu möglichst lückenlosen und orchestralen Lautstärkeübergaben und manche Technisierung, wie z.B. Streichregister.
Es entwickelte sich im technischen Bereich der Orgel ein neues Ladensystem. Diese Kegel- oder Taschenlade verdrängte die bisher in Gebrauch gewesene Schleiflade. Nur in Frankreich setzte sich die Schleiflade durch und prägte durch technischen Wandel und klangliche Veränderungen (z.B. durch A. Cavaillé-Coll) den französischen Orgelbau des 19. Jahrhunderts. In Deutschland schritt die Entwicklung immer mehr zugunsten orchestraler Klangbildung voran, was schließlich, bei zunehmender Technisierung, in der Fabrikorgel mündete.
Mit dem neu erwachten Interesse an alter Orgel-Literatur erfolgte nach 1900 eine Rückbesinnung auf die alte Orgelbautradition. Die sogenannte Orgelbewegung setzte ein, welche die frühbarocke Orgel norddeutscher Prägung zum Ideal erhob.